Mobilitätsperspektive im ländlichen Raum – für Jung und Alt!

Ein Praxisbeispiel aus dem Zweitälerland (Elz- und Simonswäldertal, Landkreis Emmendingen)

von Udo Wenzl

Mobilität ist heute zu einem Stück Selbstverständlichkeit geworden, gehört zum modernen Leben und ist eine wesentliche Grundlage für die Teilhabe am öffentlichen Leben. Sie ist notwendig, um zur Arbeit, zur Schule, zum Einzukaufen und/oder zu Freizeitorten zu gelangen. Gerade in den ländlichen Regionen ist die Weiterentwicklung der Mobilität ein wichtiges und zukunftsweisendes Thema. Nicht nur für die Jugendlichen einer ländlichen Region, sondern auch für die älteren Mitbürger*innen, die z.B. bewusst auf ihr Auto verzichten möchten, besteht großer Handlungsbedarf, da die klassischen Mobilitätskonzepte mit einem ausgedünnten Netz an Linienbussen und Regionalzügen in vielen ländlichen Gebieten besonders für die Bedürfnisse der Jugendlichen nicht mehr ausreichen. Die Suche nach passgenauen Mobilitätsangeboten hat begonnen und die Zahl der Mitfahr-Plattformen nimmt zu.

Damit junge Menschen in der Region, in der sie aufgewachsenen sind, bleiben, brauchen sie mehr bedarfsgerechte Mobilitätsangebote. Dies allein schafft der ÖPNV nicht. „Wir müssen für die Zukunft auch verkehrsträgerübergreifend denken. Und beispielsweise die Dienstleistung von Carsharing-Anbietern und Mitfahrzentralen in die Planungen (des Personennahverkehrs – Anmerkung des Autors) mit einbeziehen. Internet und Smartphones sind da hilfreich, denn sie erleichtern es Kunden, eine Dienstleistung unkompliziert abzurufen“ so z.B. die Geschäftsführerin der Südbadenbus GmbH Simone Stahl (Quelle: Badische Zeitung 05.12.2014).

Viele ländliche Regionen arbeiten bereits an nachhaltigen Mobilitätskonzepten. Es lohnt sich diese genauer unter die Lupe zu nehmen. Ganz aktuell nimmt der Schwarzwald-Baar-Kreis an einem Pilotprojekt mit flinc und Südbadenbus teil. Einzelne Kommunen, wie z.B. St. Georgen (Schwarzwald), oder einige Kommunen im Rems-Murr-Kreis haben eine Mitfahrbörse (in beiden Fällen mit flinc) eingerichtet. Die Halbinsel Höri im Landkreis Konstanz hat mit „Höri mit“ ein ganz eigenes System des Mitfahrens entwickelt (www.hoeri-mit.de).

Jugendliche und der „Rat der Jugend“ setzen sich für mehr Mobilität ein – Halbzeit beim Modellprojekt im Zweitälerland Im Anschluss an das LEADER – Projekt „Die Zukunft der Jugend im ländlichen Raum“ (https://www.partizipations-blog.de/2015/02/die-zukunft-der-jugend-im-laendlichen-raum-ein-leader-projekt/) startete der „Rat der Jugend im Zweitälerland“ mit der Umsetzung der Projektidee zur Einrichtung einer Mobilitätsplattform durch. Allen Beteiligten war klar, dass es hierzu erstmal einen Vorlauf benötigt. Es fand daher bereits eine Mobilitätskonferenz mit rund 80 Teilnehmer*innen, mit Referenten von SBG SüdbadenBus GmbH, der flinc AG (eine dieser Mobilitätsplattformen) und dem Landratsamts Emmendingen statt. Auch wurde eine Diskussionsveranstaltung mit den Seniorenräten und Beiräten für Menschen mit Behinderung aus den Gemeinden des Elz- und Simonswälder Tales mit über 30 Teilnehmer*innen organisiert. Die Unternehmen wurden mit ins Boot geholt. Es fand eine Schulung zur „Nachhaltigen Mobilität“ mit 15 Jugendlichen statt, die jetzt wiederum als Multiplikatoren in Schulen, Vereinen und in Jugendtreffs Mobilitätsworkshops anbieten und durchführen. Vertreter*innen des ‚Rats der Jugend‘ haben das Projekt im Kabinettsausschuss für Bürgerbeteiligung der Landesregierung und beim Jugendlandtag Baden-Württemberg (www.wasunsbewegt-bw.de) vorgestellt.

Stand der Dinge ist, dass zwei der möglichen Mobilitäts-Plattformen in der engsten Auswahl sind und im September eine Entscheidung getroffen wird, welche der angebotenen Plattformen für die Region am besten passt.

Die Jugendlichen bringen sich, mit Unterstützung eines Projektteams, als Expert*innen in eigener Sache ein. Verbesserungsmöglichkeiten für den ÖPNV sowie Ideen für weiterführende Mitfahrsysteme wurden diskutiert und konkrete Lösungsvorschläge erarbeitet. Auf Initiative des „Rats der Jugend“ wurde gemeinsam ein Netzwerk mit den Gemeinden (Bürgermeistern), Senior*innen und Unternehmen aufgebaut, um die Umsetzung der Verbesserungsvorschläge möglich zu machen. Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur in Baden-Württemberg unterstützt das Projekt der Jugendbeteiligung sowie das Bildungsangebot zur „Nachhaltigen Mobilität“ finanziell. Im Rahmen einer Bildungsfahrt in den Landtag von Baden-Württemberg wurde das Projekt u.a. den Wahlkreisabgeordneten und dem begleitenden Mitarbeiter des Verkehrsministerium vorgestellt (siehe: http://www.jungerlandtag-bw.de/files/live/sites/yltbw/files/dokumente/Mobil%20im%20Tal.pdf).

Die Jugendlichen setzen sich interkommunal dafür ein, das Mobilitätsangebot in ihrer Region nachhaltig zu verbessern. Die Umsetzung rückt in greifbare Nähe. Dieses Projekt zeigt, wie politische Bildung und Beteiligung ganz konkret und verzahnt gestaltet werden kann und gibt Impulse dafür, wie in einer ländlich geprägten Region interkommunal zusammen gearbeitet wird.