Die Logik des Gelingens der Jugendbeteiligung

von Udo Wenzl

SNK 1

Herr Spiess, welche Bedeutung hat die „Logik des Gelingens“ für die Beteiligung von Kinder und Jugendlichen?

Die Logik des Gelingens umfasst eine effiziente und nachhaltige Vorgehensweise, um (zwischen-)menschliche Probleme zu lösen. Diese Vorgehensweise besteht aus 2 Schritten: (1) Entwirf, bevor du etwas veränderst, eine ganz konkrete Vorstellung davon, wie die Dinge sein werden, wenn das Problem gelöst ist! (2) Analysiere, bevor du etwas veränderst, was schon gut funktioniert!

Viele Menschen versuchen (zwischen-)menschliche Probleme mit einer Strategie zu lösen, die sich für technische Probleme bewährt hat: (1) Analysiere, bevor du etwas veränderst, die Ursachen des Problems! (2) Wenn du die Ursachen herausgefunden hast, verändere sie! Diese Strategie kann für die Lösung menschlicher Probleme manchmal nützlich sein. Sie ist jedoch sehr (zeit-)aufwändig und führt unter Umständen zu Ursachen, die wir nicht ändern können, sowie zu einer unproduktiven einseitigen Suche nach „Schuldigen“.

Wenn Menschen zur Lösung von (zwischen-)menschlichen Problemen der Logik des Gelingens folgen, gelingen ihnen häufiger allerseits befriedigende Lösungen. Dadurch erleben sie sich als selbstwirksam. Und genau das ist es, was die Motivation zur Mitwirkung an Beteiligungsprozessen begünstigt.

Was und wie können Kinder und Jugendliche in Beteiligungsprozessen lernen?

Im Rahmen von Beteiligungsprozessen können Kinder und Jugendliche lernen, dass sie „die Welt“ zu ihren Gunsten und in Auseinandersetzung mit anderen verändern können – und wie sie das am besten machen: eben in Orientierung an der Logik des Gelingens.

Was können ProzessbegleiterInnen dazu beitragen, die Stärken von Kindern und Jugendlichen in Beteiligungsprozessen zu fördern?

Indem Prozessbegleiter(innen) Veränderungsprozesse mit Kindern und Jugendlichen so moderieren, dass sie selbst der Logik des Gelingens folgen, werden sie diese fragen:

(1) Welche Vorstellungen habt ihr davon, dass die Dinge für euch so gut geworden sind wie nur denkbar? Was davon funktioniert schon gut? Was tragt ihr selbst dazu bei? Wie macht ihr das? Wie habt ihr das gemacht, dass ihr so gut geworden seid? Was müsste passieren, damit „die Dinge“ so werden, wie ihr euch das vorstellt? Was könnt ihr selbst dazu beitragen?

Dadurch lenken sie die Aufmerksamkeit auf die Stärken, welche die Kinder und Jugendlichen in den Beteiligungsprozessen zeigen und wie sie diese erworben haben.

Wie kann Ihrer Meinung nach eine lösungs- und entwicklungsorientierte Begleitung und Moderation aussehen, die möglichst viele Kinder und Jugendliche in Beteiligungsprozessen erreicht?

Ich kann mir vorstellen, dass bereits die Sozialpädagog(innen) in Kindertagesstätten im Sinne der Logik des Gelingens mit den Kindern kommunizieren. Sie fragen dann beispielsweise: Wie würde das aussehen, wenn „die Dinge“ so gut geworden sind für dich (für euch), wie du dir (ihr euch) das nur wünschen kannst (könnt)? Wenn du (ihr) an die jüngste Vergangenheit denkst (denkt), was funktioniert schon gut? Was trägst du dazu, was trägt jeder von euch dazu bei? Wie hast du (wie habt ihr) das gemacht, dass du (ihr) so gut geworden bist (seid)?

Die Lehrer(innen) könnten in der Schule mit einem solchen Kommunikationsstil weiter machen.

Auf diese Weise erfahren Kinder und Jugendliche, dass sie Einfluss nehmen können auf eine wünschenswerte Entwicklung „der Dinge“ sowie ihrer selbst. So können sie erkennen, wie sie zu Akteuren ihrer Entwicklung werden.

Nennen Sie drei gute Gründe, warum es ein Gewinn für die Kommune ist, wenn Sie die Stärken von Kindern und Jugendlichen in Planungsprozessen fördert.

Wenn Kinder und Jugendliche in der Kindertagesstätte und in der Schule beginnen, im Sinne der Logik des Gelingens zu denken und zu handeln, erwerben sie die Stärken, aktiv an Planungsprozessen auch in der Kommune mitzuwirken. Die Kommune kann sich dann darauf verlassen, in ihren Reihen so gebildete Bürger zu haben, die in Planungsprozessen effizient und nachhaltig mitwirken.

Walter Spiess, PhD, studierter Psychologe und Pädagoge ehemals Professor an der Universität Flensburg, liegt das lösungsorientierte Arbeiten mit so genannten schwierigen Jugendlichen am Herzen.

Ein Gedanke zu „Die Logik des Gelingens der Jugendbeteiligung

  1. Walter Spiess

    Ich habe heute – nach vielen Jahren – dieses Interview noch mal gelesen. Ich finde es immer noch up-to-date, so wie auch die Logik des Gelingens an ihrer Nützlichkeit im Laufe der Jahre nichts eingebüsst hat. Walter Spiess

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